Die Uhr tickt am Öschberghof.

Vor einem Jahr hat Alexander Aisenbrey die Zeiterfassung eingeführt - mit überraschenden Ergebnissen.

Während Verteidigungsministerin von der Leyen sich stark macht für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bundeswehr, haben die Mitarbeiter in Hotellerie und Gastronomie noch keine so starke Lobby, wenn es um die Einhaltung der Arbeitszeiten geht. Aber in kaum einer Branche ist Service-Orientierung auch so wichtig wie hier. Die Tatsache, dass für ihn zufriedene Mitarbeiter mindestens so viel zählen wie ein glücklicher Gast, hat Alexander Aisenbrey zu einer ganz besonderen Maßnahme veranlasst. Vor einem Jahr hat der Hotelchef des Öschberghofs in Donaueschingen ein Arbeitszeiterfassungs-System etabliert. Seine Bilanz nach zwölf Monaten fällt überraschend aus: "Wir haben im vergangenen Jahr zwei Saisonkräfte in unserem Restaurant Hexenweiher am Golfplatz eingespart!" Wo man vermutet hätte, dass die genaue Erfassung von Überstunden vielleicht zu mehr Kosten durch mehr Personal geführt hat, ergibt sich ein für den Hotelchef erfreuliches Bild: "Wir haben unsere Prozesse durch die Arbeitszeiterfassung weiter optimiert. Teilweise waren wir auch verwundert, dass dort, wo man am meisten über Überstunden geklagt hatte, gar nicht die meisten Überstunden anfielen!"

Der Impuls zur Anschaffung eines Zeiterfassungssystems kam laut Aisenbrey von seinen eigenen Führungskräften, unter denen sich auch ein Gefühl der Ungerechtigkeit breitzumachen begann. "Wir haben in einer Mitarbeiterbefragung einen ersten Bedarf nach Regelung ermittelt und haben es mit einem Ausgleich über das Gehalt versucht. Eine zweite Befragung ergab Nachbesserungsbedarf und so haben wir uns für eine technische Lösung entschieden", erinnert sich Aisenbrey. Diese hat jedoch nicht auf Anhieb funktioniert. Im ersten Jahr hat man im Öschberghof nicht nur Erfahrungen gesammelt, man hat dem technischen Anbieter auch geholfen bei der Adaption seines Systems auf die Bedürfnisse der Hotellerie: "Es war schon etwas mühselig, die Details anzupassen", fasst Aisenbrey zusammen, der mittlerweile sehr zufrieden ist mit der Lösung. Auch wenn der Öschberghof beim Rekrutieren der Mitarbeiter und Auszubildenden ganz offensichtlich weniger Probleme hat als der Durch- schnitt der Branche (Fluktuation rund 9 bis 11 % - von den 75 Mitarbeitern, die der Öschberghof beim Antritt Aisenbreys vor elf Jahren zählte, sind immerhin noch 40 "an Bord") - als Präsident der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland (HDV) weiß er sehr genau um die Probleme im Bereich Fachkräftemangel. Um das Übel an der Wurzel zu packen, hat der Verband im April 2013 das Siegel "Exzellente Ausbildung" aufgelegt. Wer die Anforderungen des Siegels erfüllt, wird von der Dekra zertifiziert und erhält das Prädikat. "Wir brauchen etwas, worauf sich die jungen Leute und auch die Eltern, die immer nur von der qualvollen Ausbildung in der Hotellerie hören, verlassen können. Und dabei reicht keine freiwillige Selbstverpflichtung, wie Dehoga oder die IHKen sie vorschlagen." Dass der Öschberghof diese Anforderungen erfüllt, ist für Aisenbrey eine Selbstverständlichkeit und die Arbeitszeiterfassung ist ein Faktor, der dazu beiträgt. Mehr als 50 Interessenten kamen im November zum ersten Azubi-Info-Tag im Öschberghof. Die Ausbildungsplätze für 2014 sind fast alle vergeben.